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Enns (Fluss)

Ennsbrücke bei Weyer, 1913; © Ansichtskartensammlung Stift St. Florian

Die 254 Kilometer lange Enns ist ein südlicher Nebenfluss der Donau und entspringt in den Radstädter Tauern im Bundesland Salzburg.

Sie durchbricht zwischen Admont und Hieflau in einer 15 Kilometer langen Schlucht, dem Gesäuse, die Ennstaler Alpen. Nach Hieflau biegt der Fluss nach Norden ab und erreicht nahe Altenmarkt bei St. Gallen oberösterreichischen Boden, wo er über Großraming, Losenstein, Ternberg, Garsten und Steyr bis nach Enns fließt, um dort in die Donau zu münden. Der Unterlauf des Flusses bildete während der Habsburgermonarchie die Grenze zwischen Österreich ob der Enns und Österreich unter der Enns, heute ist er die Grenze zwischen Ober- und Niederösterreich. 

Der Name Enns leitet sich vom keltischen "Anisa" ab, das von den Römern übernommen wurde. Nach hagiografischer Überlieferung erlitt der Heilige Florian, ein Opfer der Christenverfolgung, am 4. Mai 304 den Märtyrertod durch Ertränken in diesem Fluss. Das oberösterreichische und steirische Ennstal fungierten seit alters als wichtige Nord-Süd-Handelsroute. Seit dem Mittelalter verkehrten ab Hieflau auf der Enns Flöße und später Schiffe, die Roheisen vom Erzberg auf der so genannten Eisenstraße nach Norden transportierten. Zentrum der Eisenverarbeitung war die Stadt Steyr, die zunächst Sensen und Messer, später Waffen herstellte und exportierte. Nennenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Ort Trattenbach bei Ternberg, wo seit dem 16. Jh. die als "Taschenfeitel" bezeichneten Klappmesser erzeugt werden. Neben dem Eisentransport wurde die Enns auch für die Holzflößerei genutzt, die zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor in der Region wurde. Nach der Eröffnung der k. u. k privaten Kronprinz- Rudolf-Bahn 1863-73, deren Hauptstrecke von St. Valentin über das Ennstal nach Tarvis führte, verlor die Wasserstraße zusehends an Bedeutung. Nachdem im 20. Jh. die Eisenindustrie im Ennstal zum Erliegen gekommen war, erlangte der Fluss durch seine Nutzung zur Stromerzeugung erneut wirtschaftliche Bedeutung. Seit 1939 sind auf der oberösterreichischen Enns insgesamt zehn Laufkraftwerke entstanden.

Die am Fluss gelegenen Orte spielten nicht nur eine wirtschaftliche Rolle, sondern brachten auch Literaten hervor, deren Spuren in der regionalen Geschichte nachwirken. Unter diesen ‚poetae minores‘verdient es der in Stiedelsbach bei Losenstein geborene Dialektdichter Anton Schosser (1801-1849), erwähnt zu werden. Der vielseitig begabte Sohn eines Nagelschmiedes verdingte sich nach Abbruch des Gymnasiums zunächst als Dorfschullehrer und später als Landvermesser. Gefördert von Herzog Max von Bayern, gelang Schosser 1849 die Veröffentlichung seiner Naturbilder aus dem Leben der Gebirgsbewohner in den Grenzalpen zwischen Steyermark und dem Traunkreise. Nach dort üblichen Arien in Liedern und Declamatorien, die ihn über das Ennstal hinaus bekannt machten. Der Band versammelt oberösterreichische Mundartlieder und enthält ein Glossar mit Erklärungen dialektaler Begriffe. Unter den zahlreichen Liedern der Schosser'schen Anthologie ist jenes mit dem Titel s'Hoamweh als Erzherzog-Johann-Jodler berühmt geworden. Der völlig verarmte Schosser verstarb in seinem Heimatort und repräsentiert ähnlich wie Franz Stelzhamer den Typus des unsteten Dichter-Bohemiens. Ein nicht minder bedeutender oberösterreichischer Mundartdichter des 19. Jh. ist der aus Enns gebürtige Carl Adam Kaltenbrunner (1804-1867), ein Bewunderer Stelzhamers: "[...] er hat den Meister nicht erreicht, aber er reiht sich ihm - von A. Schosser abgesehen - am würdigsten an" (Wihan 1904, 3). Kaltenbrunner, der als Beamter in Linz und Wien tätig war, firmierte auch als Autor eines umfangreichen lyrischen Werks in oberösterreichischem Dialekt, zu dem Titel wie Oberösterreichische Lieder (1845), Alm und Zither. Der oberösterreichischen Lieder zweiter Band (1848), Obderennsische Lieder (1845), Oesterreichische Feldlerchen. Lieder und Gesänge in obderennsischer Mundart (1857) sowie Balladen, Novellen, Dramen zählen.

Dem steirischen Ennstal entstammt Paula Grogger, 1892 in Öblarn geboren und 1984 ebenda  gestorben. Als Verfasserin von Heimatromanen und autobiografischen Schriften ließ sie sich von den Menschen und der Landschaft des steirischen Ennstals inspirieren. Ihren größten Erfolg erzielte sie mit ihrem Erstlingsroman Das Grimmingtor (1926). Als Mitglied des Bunds deutscher Schriftsteller Österreichs begrüßte sie in dem von dieser Gruppe herausgegebenen Bekenntnisbuch österreichischer Schriftsteller (1938) den Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland.

Sieht man von den in Steyr geborenen Autoren Marlen Haushofer, Walter Wippersberg, Erich Hackl und Manfred Maurer ab, reduziert sich das Renommee der aus dem Ennstal stammenden Heimatdichter auf eine Fußnote in der (ober-)österreichischen Literaturgeschichte.

Walter Wagner

 

Dobler, Katharina: Anton Schosser sein Leben und seine Lieder. Diss. Universität Graz 1949. - Dunzinger, Hildegard: Karl Adam Kaltenbrunne. Diss. Universität Wien 1949. - Hutter, Franz: Geschichte Schladmings und des steirisch-salzburgischen Ennstales aufgrund der Quellen und seitherigen Forschungen dargestellt von Franz Hutter. Graz 1906. - Loidl, Karl: Der oberösterreichische Mundartdichter Anton Schosser. Diss. Univerität Wien 1932. - Neweklowsky, Ernst: Die Eisenschiffahrt auf der Enns. In: Oberösterreichische Heimatblätter 3 (1949), H. 3, 217-224. - Obermayer-Marnach, Eva u. a.: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Bd. 3. Wien 1965. - Tremel, Ferdinand: Zur Geschichte der Flößerei auf der Enns im 16. Jahrhundert. In: Oberösterreichische Heimatblätter 11 (1957), H. 3/4, 181-190. - Wihan, Josef: Karl Adam Kaltenbrunner als mundartlicher Dichter. Linz 1904. - Wurzbach, Constant von: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. 31. Wien 1876.