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Robert Stähr

© Robert Stähr

Geb. 1.8.1960 in Linz.
Seit Mitte der 1990er Jahre als Autor vielfältiger kurzer Prosaformen hervorgetreten, zeigen sich seine Texte einer avantgardistischen Tradition moderner Literatur verpflichtet.

Nach einem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaft in Salzburg, das er 1988 mit einer Dissertation zu Öffentlichkeitsarbeit und Werbung abschloss, arbeitete Stähr von 1989 bis 1992 als Dramaturg und Schauspieler; seit 1993 ist er in der Erwachsenenbildung (Volkshochschule Linz), seit 1996 als Lektor (pro mente edition, Linz) tätig. Neben seinem eigenen Schreiben ist er wiederholt an Heften der Rampe konzeptionell und redaktionell beteiligt.

Schon die Rezeption von Stährs ersten literarischen Arbeiten ließ aufhorchen; sein Werk präsentiere, so Anton Thuswaldner 1995, von Anfang an einen Autor, der mit Fug und Recht "der Avantgarde zugerechnet werden kann" (Thuswaldner 1995, 18); zu diesem Zeitpunkt waren bereits die gemeinsam mit Christian Steinbacher und M. Rutt produzierte "literarische CD" hauptsache (1993), der Prosaband Schritt/Wechsel (1994) und erste Texte in der Rampe erschienen.
Seine in zahlreichen, v. a. frühen Texten, etwa in der kurzen Erzählung Weiter (1993), geübte Praxis, weitgehend auf Interpunktion zu verzichten, verleiht diesen ihre charakteristische dynamische Prägung: "so hält er alles fest die nächste Zigarette bereitet ihm Genuß später besucht er das Wohnhaus des Komponisten einen kaisergelben Jugendstilbau fünf Gehminuten vom Hotel" (Stähr 1993b, 85). Nicht zu Unrecht wurde Schritt/Wechsel, das von "rasanten Bildschnitten, die keine Zeit zum Atemholen" lassen, geprägt ist (Tauber 1995), der Tradition einer prononciert modernen Literatur zugeschlagen, die sich eindimensionalen Lektüren und leichter Zugänglichkeit versagt; lassen doch, so Lucas Cejpek, "die zunehmend ineinanderverschobenen Sätze den Leser" zusehends "an der Kontinuität und damit an der Wahrheit dieser fünf Geschichten zweifeln." (Cejpek 1994, 93)
Nicht nur in der Sammlung Umtexte (1997), die Texten von Kafka, Poe oder H. C. Andersen eigene literarische ‚Umkreisungen‘ zur Seite stellen, präsentiert sich Stährs Poetik als in vielfältiger Weise mit den Werken anderer Autoren verbunden (vgl. etwa seine Auseinandersetzung mit Beckett und Pynchon, Stähr 1999 u. 2007; aber auch mit H.P. Lovecraft, Stähr 1997b). In einer Reflexion wird dabei en passant jene charakteristische Erzählweise benannt, für die das Unterlaufen von Erwartungshaltungen ein zentrales Anliegen ist: "die anfängliche Klarheit verwandelt sich beim Vorwärtskommen zunehmend in immer größere Unklarheit" (Stähr 1997a, 15). Was in Umtexte als eigentümliches Verhältnis von Nähe und Ferne zu ergründen versucht wird, sollte insbesondere auch in dem Band Karte (2003), der wie Tanzt (2001) in der Wiener edition selene erschien, zu einem zentralen Thema werden. Hier werden topografische Formationen und ambivalente Lebensräume fokussiert; präzise Landschaftsbeschreibungen, die in ihrer eigentümlichen Distanz mitunter an Textverfahren Adalbert Stifters erinnern, stehen neben Großstadtszenarien, Ansätze soziologischer Betrachtungen neben Formen des Phantastischen. Sein vorerst letzter Prosaband In einem Stück, der die "die tiefenpsychologische Seite der so oft beschworenen oberflächlichen Konsumgesellschaft" in den Blick nimmt (Algieri 2011), erschien 2011. Darüber hinaus hat er zahlreiche Texte in den oberösterreichischen Literaturzeitschriften Die Rampe und Facetten sowie in Anthologien publiziert.

Stähr ist Mitglied der Grazer AutorInnenversammlung (GAV) und der Künstlervereinigung MAERZ; als Anerkennung und zur Unterstützung seiner literarischen Arbeit wurden ihm das Österreichische Staatsstipendium für Literatur 2003 sowie ein Aufenthaltsstipendium des Landes Oberösterreich in der Villa Stonborough-Wittgenstein zuerkannt.

Harald Gschwandtner

 

(gem. mit Siegfried Holzbauer, M. Rutt u. Christian Steinbacher:) hauptsache. Eine literarische CD. Linz 1993 [1993a]. - Weiter. In: Die Rampe (1993), H. 2, 85-90 [1993b]. - Schritt/Wechsel. Fünf Prosastücke. Linz u. a. 1994 (Reprint: Wien 2003). - Umtexte. Linz u.a. 1997 [1997a] (Reprint: Wien 2003). - Zu: H.P. Lovecraft Der Außenseiter. In: ohne Ton. Anthologie. Siegendorf 1997, 198-202 [1997b]. - Aus dem Thomas-Pynchon-Zettelkasten. In: Walter Pilar (Hg.): Dichter über Dichter. Wien 1999, 58-70. - Tanzt. Wien 2001. - Karte. Prosa. Wien 2003. - Wo du bist. In: Lucas Cejpek (Hg.): Beckett Pause. Minidramen. Wien 2007, 111-113. - In einem Stück. Prosa. Wien 2011. - Der Brief. Prosa. Wien 2014.

Algieri, Angelo: Robert Stähr: In einem Stück. In: Literaturhaus Wien. Buchmagazin online, 7.12.2011. - Cejpek, Lucas: Zweimal Herbst, ein Blatt. Sprach-Bücher von Jaschke, Steinbacher und Stähr. In: Literatur und Kritik (1994), H. 289/290, 92-93. - Eder, Thomas: Robert Stähr: Umtexte. In: Literaturhaus Wien. Buchmagazin online, 22.9.1997. - Landerl, Peter: Robert Stähr: Karte. In: Literaturhaus Wien. Buchmagazin online, 22.11.2003. - Pichler, Christian: Sprache. Kluft. Körper. In: Oberösterreichische Nachrichten, 12.2.2000. - Tauber, Reinhold: Kreuz und quer. In: Oberösterreichische Nachrichten, 15.2.1995. - Thuswaldner, Anton: Robert Stähr. In: SALZ (1995), H. 81, 18-19.