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Hans Watzlik

© Böhmerwaldmuseum Wien

Geb. 16.12.1879 in Unterhaid (heute: Dolní DvoÅ™ištÄ›, Tschechische Republik); gest. 24.11.1948 in Tremmelhausen bei Regensburg, Bayern.

Nach Absolvierung derLehrerbildungsanstalt in Prag 1897-99 kam Watzlik, der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammte, 1906 an die Knaben-Bürgerschule in Neuern (heute Nýrsko). Neben dem Unterricht setzte er sich als Schriftsteller und Publizist mit der böhmischen Heimat auseinander, die einen thematischen Schwerpunkt seines Schaffens bildete. Watzlik wurde als ein Dichter des Böhmerwaldes wahrgenommen, der in regionalen Erzähltraditionen wurzelt (Im Ring des Ossers, 1913; Böhmerwald-Sagen, 1921) und seine volkstümlichen Figuren bzw. Stoffe jener urwüchsigen Landschaft entlehnt (u. a. Der Alp, 1914; Einöder, 1922; Stilzel, der Kobold des Böhmerwaldes, 1926). Auch die Beschäftigung mit Adalbert Stifter war Teil dieser kulturgeschichtlichen Aneignungsversuche.

Weltanschaulich gehörte Watzlik, der seit 1925 als freier Autor lebte, dem deutschnational-völkischen Lager an. Immer wieder thematisierte er den deutsch-tschechischen Nationalitätenkonflikt und antislawischen Volkstumskampf, beherrscht von zeitgeistigen Thesen zum "Volk ohne Raum" bzw. der Ideologie von "Blut und Boden", darunter im Lyrikband ... ackert tiefer ins umstrittne Land (1939), besonders aber in epischen Werken (Die Leturner Hütte, 1932; Roswitha oder Die Flucht aus Böhmen, 1940; Das hölzerne Haus, 1944). Prototyp dieser Grenzland-Prosa war der 1917 erschienene Roman O Böhmen!, der wenig später aus ideologischen Gründen von der ÄŒSR verboten wurde. Selbst im Versöhnungsroman Der Pfarrer von Dornloh (1930), der Watzlik den Tschechoslowakischen Staatspreis für Werke deutscher Sprache einbrachte, schwingt die nationale Frage mit, weil der Friedensschluss symbolisch zwischen den verfeindeten Konfessionen erfolgt, nicht aber zwischen den Volksgruppen. Darüber hinaus schrieb Watzlik auch künstlerbiografische Erzählungen, Balladen und Legenden, Lyrik sowie Bühnenstücke, ferner widmete er sich den oberösterreichischen Bauernkriegen (Roman Ums Herrgottswort, 1926).
In den 1930er-Jahren stieg er zu einem der erfolgreichsten sudetendeutschen Autoren auf, wobei seine Karriere institutionell und parteipolitisch gefördert wurde. Seit 1932 gehörte er dem Vorstand des Nationalverbandes Deutscher Schriftsteller in Berlin an, 1936 trat er der Sudetendeutschen Partei Konrad Henleins bei und wurde Amtsleiter in Neuern. Im selben Jahr übernahm er die Herausgabe der Karlsbader völkischen Monatsschrift Der Ackermann aus Böhmen, ab 1937 entwickelte er für denKulturteil des Völkischen Beobachters eine rege Tätigkeit.

Der Anschluss des Sudetenlandes an das Dritte Reich 1938 veranlasste Watzlik, der inzwischen der NSDAP beigetreten war, zu affirmativen Äußerungen in Wort und Schrift (Stifter-Rede in Oberplan; Sudetenland an den Führer, 1939 abgedruckt in Karl Hans Bühners Dem Führer. Gedichte für Adolf Hitler; Grüner deutscher Böhmerwald, 1940). Mit der Eingliederung südböhmischer Gebiete in den "Reichsgau Oberdonau" wurde Watzlik, wie seine schriftstellernden Landsleute Ernst Egermann, Karl Franz Leppa oder Rudolf Witzany, von der lokalen Kulturpolitik gefördert. 1942 sprach ihm die Stadt Linz den Literaturpreis für den besten Beitrag (Prosaskizze Unterhaid) im Jahrbuch Stillere Heimat zu. Während der NS-Zeit nahm er mehrere Auszeichnungen entgegen: 1939 die Goethe-Medaille vom Gauleiter Bayerische Ostmark sowie den Eichendorff-Preis der Goethestiftung Weimar, 1940 den Hans-Schlemm-Preis des Nationalsozialistischen Lehrerbundes für den Jugendroman Roswitha oder Die Flucht aus Böhmen, 1941 den Adalbert-Stifter-Preis der Zeitschrift Böhmen und Mähren.
Nach dem Ende des Krieges wurde Watzlik am 6. Juni 1945 verhaftet, vor einem Volksgericht in Klattau (Klatovy) unter Berufung auf seine Publikationen wegen staatsfeindlicher Agitation angeklagt und ausgewiesen. Auf Gut Tremmelhausen nahe Regensburg fand er eine neue Bleibe, wo er sein Leben beschloss.

Arnold Klaffenböck

 

Im Ring des Ossers. Erzählungen aus der Vergangenheit des Böhmerwaldes. Leipzig 1913. - Der Alp. Roman. Leipzig 1914. - Von deutschböhmischer Erde. Erzählungen und Gedichte. Konstanz 1915. - Phönix. Ein Roman aus der Wiedergeburtszeit Böhmens. Leipzig 1916. - O Böhmen! Roman. Leipzig 1917. - Adalbert Stifter. Prag u. a. 1918. - Zu neuen Sternen. Zeitgedichte. Eger 1919. - Aus wilder Wurzel. Ein Roman. Leipzig 1920. - Böhmerwald-Sagen. Budweis 1921. - Einöder. Erzählungen, Reichenberg i. B. 1922. - Fuxloh oder Die Taten und Anschläge des Kaspar Dullhäubel. Ein Schelmenroman, Leipzig 1922. - Ungebeugtes Volk. Erzählungen. Leipzig 1925. - Stilzel, der Kobold des Böhmerwaldes. Ein Volksbuch. Jena 1926. - Ums Herrgottswort. Ein Roman. Leipzig 1926. - Das Glück von Dürrnstauden. Ein Roman. Leipzig 1927. - Der Riese Gottes. Eine Legende. Berlin 1927. - Der Pfarrer von Dornloh. Roman. Leipzig o. J. [1930]. - Die Leturner Hütte. Roman. Berlin 1932. - Die romantische Reise des Herrn Carl Maria von Weber. Leipzig 1932. - Die schöne Maria. Alt-Bayerische Novellen. Berlin 1934. - Die Krönungsoper. Ein Mozart-Roman. Berlin 1935. - Der Rückzug der Dreihundert. Roman. Karlsbad-Drahowitz 1936. - Aus Dorn und Dickicht. Leipzig 1937. - Balladen. Leipzig 1938. - ... ackert tiefer ins umstrittne Land. Gedichte. Karlsbad 1939. - Der Meister von Regensburg. Ein Albrecht-Altdorfer-Roman. Leipzig 1939. - Grüner deutscher Böhmerwald. Bayreuth 1940. - Roswitha oder Die Flucht aus Böhmen. Köln 1940. - Sudetendeutsche Reden und Aufrufe. Oberplan 1940. - Die Bärentobler. Ein grobianisches Dorfbuch. Leipzig 1941. - Hinterwäldler. Ein fröhliches Buch von Landstreichern, Wallfahrern, Bauern, Altschulmeistern, Rebellen und Riesen. Bayreuth 1941. - Das hölzerne Haus. Prag u. a. 1944. - Ein Stehgreifsommer. Roman. Karlsbad 1944.

Bald, Albrecht: "Braun schimmert die Grenze und treu steht die Mark!" Der NS-Gau Bayerische Ostmark/Bayreuth 1933-1945: Grenzgau, Grenzlandideologie und wirtschaftliche Problemregion. Bayreuth 2014. - Baur, Uwe; Gradwohl-Schlacher, Karin: Literatur in Österreich 1938-1945. Handbuch eines literarischen Systems. Bd. 3: Oberösterreich. Wien u.a. 2014, 416-427. - Deutschsprachige Literatur aus Prag und den böhmischen Ländern 1900-1925. Chronologische Übersicht und Bibliographie. Hg. von Jürgen Born. 2. überarb. u. erw. Aufl. München u. a. 1993. - Fiedler, Elfriede: Der Böhmerwalddichter Hans Watzlik. Sein Leben und ein Abriß seines Werkes. Univ.-Diss. (masch.) Wien 1950. - Literatur unter dem Hakenkreuz. Böhmen und Mähren 1938-1945. Hg. von Peter Becher und Ingeborg Fiala-Fürst. Furth im Wald 2005. - Hans Watzlik - ein Nazidichter? Hg. von Walter Koschmal und Václav Maidl. Wuppertal 2006. - Hadina, Emil u. a.: Aus Hans Watzliks Land. Zum fünfzigsten Geburtstag des Dichters. Leipzig 1929. - KováÅ™íková, Alena: Hans Watzlik und Johannes Urzidil. Zwei Heimatbilder. In: Literaturlandschaft Böhmen. Begegnung von Tschechen und Deutschen. Hg. von Bernd Leistner. Lübeck-Travemünde 1997, 121-127. - Klaffenböck, Arnold: Literatur im Reichsgau Oberdonau 1938-1945. In: "Kulturhauptstadt des Führers". Kunst und Nationalsozialismus in Linz und Oberösterreich. Hg. von Birgit Kirchmayr. Weitra 2008, 161-184. - Knobloch, Erhard Jos[ef] (Red.): Hans Watzlik 1879-1948. Gedächtnisausstellung im 25. Todesjahr, November 1973 - März 1974. München o. J. [1973]. - Leppa, Karl Franz: Hans Watzlik. Sein Leben und Schaffen. Kassel-Wilhelmshöhe 1929. - Mally, Leo Hans: Watzlik zum Gedenken. In: Sudetenland 11 (1969), 1-8. - Schmidt, Adalbert: Die sudetendeutsche Dichtung der Gegenwart. Reichenberg 1938. - Weger, Tobias: "Volkstumskampf" ohne Ende? Sudetendeutsche Organisationen, 1945-1955. Frankfurt/Main 2008.