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Lambacher Dreikönigsspiel

"Anbetung der Könige", Lambacher Fresken; © Archiv Stift Lambach

Zu den ältesten überlieferten Dreikönigsspielen (officia stellae) gehört dasjenige des Lambacher Stiftsarchivs (Schuberband 575, fasc. Varia H 3, fol. 1r-1v).

Es ist auf einem Pergamentdoppelblatt eingetragen. Das lateinische Spiel, das nur fragmentarisch überliefert ist, stammt aus der ersten Hälfte des 11. Jh. Es befand sich wahrscheinlich ursprünglich in einem Liber ordinarius und ist mit musikalischer Notation in Form linienloser Neumen versehen. Das Bruchstück konnte mit Hilfe des Malmédy-Fragments ergänzt werden. Obwohl das Lambacher Spiel in Münsterschwarzach entstand, gelangte es doch schon bald danach, um 1056, jedoch spätestens um 1091 in die Bibliothek des Klosters Lambach, das um die Mitte des 11. Jh. gegründet worden war. Wie die Rubriken des Fragmentes erschließen lassen, hatte das Spiel seinen Platz bei der Epiphaniefeier, also dem Dreikönigsfest am 6. Jänner. Zuerst erfolgte die Aufführung des Spieles in der Kirche, danach eine Prozession und schließlich die Verehrung eines Bildes, das wohl Maria mit dem Christus-Kinde darstellte. Anschließend wurde die Messe gefeiert.

Das Lambacher Dreikönigsspiel umfasst folgende Personen: die drei Magier bzw. Könige, Hebammen, einen Engel, König Herodes und die Schriftgelehrten. Durch das Fehlen einer Botenrolle erweist sich das Spiel als eigener Typus der überlieferten Dreikönigsspiele. Das Lambacher Fragment beinhaltet den Besuch der Magier bei König Herodes, den sie nach dem neugeborenen König der Könige, Christus, fragen. Sie ziehen nach Bethlehem, finden ihn dort und verehren ihn in Gegenwart der Hebammen. Das Spiel weist einige Besonderheiten auf, so hebt es vor allem das Königtum Christi hervor, während andere Spiele dieser Art mehr die Gottheit Christi betonen. Eigenheiten sind die Antiphon (Wechselgesang) Ab oriente ("Vom Orient her") und ein dreimaliges, huldigendes Salve rex saeculorum ("Sei gegrüßt, König der Jahrhunderte"). Das Dreikönigsspiel-Fragment wird zudem mit der Darstellung von drei Fresken im Kloster Lambach in Verbindung gebracht, die den Dreikönigs-Zyklus überliefern. Zum 950-jährigen Jubiläum des Stiftes im Jahre 2006 wurde das Spiel am Epiphanietag im Rahmen einer Vesper wieder aufgeführt.

Maria Dorninger

 

Genge, Hans-Joachim: Die liturgiegeschichtlichen Voraussetzungen des Lambacher Freskenzyklus. Münsterschwarzach 1972. - King, Norbert: Mittelalterliche Dreikönigsspiele. Eine Grundlagenarbeit zu den lateinischen, deutschen und französischen Dreikönigsspielen und -spielszenen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Freiburg 1979. - Lerner, Konrad F.: Zum Lambacher Dreikönigsspiel einer liturgischen Feier des 11. Jahrhunderts aus Schwarzach am Main. Eine Neumenfragmentstudie. Zulassungsarbeit Hochschule für Musik und Theater München 1957. - 900 Jahre Klosterkirche Lambach. Historischer Teil. Katalog zur Oberösterreichische Landesausstellung 20. Mai bis 8. Oktober 1989 im Benediktinerstift Lambach. Linz 1989.