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Hansjörg Zauner

© Christian Futscher

Geb. 2.12.1959 in Salzburg; gest. 30.6.2017.
Hansjörg Zauner ist ein zeitgenössischer, am Sprachexperiment orientierter Autor.

Hansjörg Zauner verbrachte Kindheit und Jugend in Obertraun bei Hallstatt. War Wien sein Lebensmittelpunkt, so hielt er sich aber noch oft am Hallstättersee auf. Für den vielseitig tätigen Künstler (visuelle Arbeiten, Super-8-Filme), Herausgeber (Literaturzeitschrift solande) und Dichter war die Veröffentlichung des ersten Gedichtbandes zerschneiden das sprechen (1989) nicht nur ein wichtiger publizistischer - wurde er damit doch in die renommierte Linzer edition neue texte aufgenommen - sondern auch ästhetischer Schritt. Der Verleger Heimrad Bäcker hatte ihn zur Lektüre Reinhard Priessnitz' (1945-1985) angeregt, was sich in den Texten niederschlägt: "Der von Priessnitz für sein Gedicht zitronen formulierte 'grenzfall zwischen ›konkret‹ und ›unkonkret‹' durchzieht auch Zauners Verse" (Eder 1997, 98).

Zauner operiert im Frühwerk vor allem mit lautlichen und morphologischen Verschiebungen, in weiterer Folge faszinieren seine Texte Kollegen und Kritik durch ihre weite semantische Öffnung. Die Begriffe, die semantischen Einheiten werden durch Zauners "Textmaschine" getrieben, heraus kommen Inversionen, Umkehrungen, Spiralen, die neue Begriffszusammenhänge schaffen. Der Textfortgang generiert durch die mehrfache Dynamisierung ein Netz an immanenten Bezügen, zugleich semantische Freiheiten und neue Ordnungszusammenhänge. Diese neuen Verbindungen öffnen Fenster in (noch) unbekannte Bedeutungswelten. "Zauner schlitzt die prallen Begriffssäcke auf und füllt neue Partikel nach, [...]. Er stößt am weitesten aller heutigen Literatur in ein nicht erkundetes Begriffsgelände vor, er insistiert darauf, daß ein Autor diese Arbeit machen muß, damit Literatur nicht zu Brei wird (den man löffelt)." (Heimrad Bäcker im Nachwort zu Zauner 2001,103)
In Zauners Sprachwelt erlangen Simultaneität und Synästhesie eine hohe Sinnlichkeit, Physis und Sprach-Körper fallen in eins, der Körper wird zur Durchgangsstation von Apperzeption und kognitiven Vorgängen. In dieser genuinen Kombinatorik steckt zum einen oft viel Witz, zum anderen eine Eigenständigkeit, die Franz Josef Czernin (geb. 1952) an die Musik erinnert: Hier "wird der Sprachraum beinahe so eigenständig oder eigensinnig, wie es der musikalische Raum, als Inbegriff all der Umkehrungen, Spiegelungen, Variationen zwischen musikalischen Parametern, in einer musikalischen Komposition zumeist ist." (Czernin, o.J.)

Wolfgang Straub

 

zerschneiden das sprechen. Linz, Wien 1989. - n. kein wort haelt eine stelle laenger aus. Wien 1992. - siehe umschlag. Wien 1993. - laermleinen vor huefte gekehlt. Graz, Wien 1995. - mein mund das saegeloch handtuch. Klagenfurt, Wien 1997. - Jolly. Graz, Wien 1999. - ZUNGENKNOCHEN (CD). Obermichelbach 2000. - luft verkehrt stock papier. Graz, Wien 2001. - seiltänzergerümpel (mit CD). Wien 2004. - die ofensau muss raus. Graz, Wien 2005. - Luxus. Wien 2008. - die tafel schreibt. Gedichte. Klagenfurt 2012. - sie ist im lieblingssong mit skistöcken als lächeln hängengeblieben. Prosa. Klagenfurt 2013. - 99.144 gedichtnasenlöcher schießen auf mich bis alles passt. Klagenfurt 2016.

Eder, Thomas: Skeptische Seismographie. Zum poetischen Werk von Hansjörg Zauner. In: neue deutsche literatur. Zeitschrift für deutschsprachige Literatur und Kritik 45 (1997), H. 514, 97-101. - Krautschick, Karin: Von den Anfängen der sprachkritischen Moderne zu aktuellen Schreibstrategien sprachexperimentell arbeitender Autoren. Tendenzen der experimentellen Poesie, untersucht am Werk des österreichischen Autors Hansjörg Zauner. Diss. Universität Leipzig 1995.