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Donnerstag, 22. Oktober 2020 - 19:30
Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945

Hertha Kräftner: Kühle Sterne. Gedichte, Prosa, Briefe (Hg. Gerhard Altmann, Max Blaeulich, Wieser Verlag, 1997)

Lesung: Judith Nika Pfeifer; Referat: Gisela Steinlechner; Moderation: Klaus Kastberger

Welche Maßstäbe kann man anlegen an das Werk einer Autorin, die sich mit 23 Jahren das Leben nahm? Es scheint fast unmöglich, die Texte Hertha Kräftners (1928 bis 1951) nicht unter dem Vorzeichen ihres frühen tragischen Todes zu lesen, als das literarische Vermächtnis einer Un- oder Frühvollendeten, das deutlich den Stempel seiner kurz bemessenen Entstehungszeit zwischen 1946 und 1951 trägt: jener durch extreme Verwerfungen, Not, Verdrängung und Aufbruchsfantasien geprägten Nachkriegsatmosphäre, in der Hertha Kräftner in der literarischen Szene Wiens Fuß zu fassen begann. Wahrgenommen wurde sie vor allem als Lyrikerin, in ihren frühen Gedichten klingen die Einflüsse von Rilke und Trakl an, aber auch Célan, Paul Eluard, Benjamin Pérét oder Georg Heym sind wichtige Referenzen. 12 Jahre nach ihrem Tod erschien eine erste Werkauswahl unter dem Titel „Warum hier? Warum heute?“, doch erst mit der 1997 von Gerhard Altmann und Max Blauelich besorgten Werkausgabe „Kühle Sterne“ wurde Hertha Kräftners literarische Produktion in ihrer ganzen Vielfältigkeit, ihrer stimmlichen Prägnanz und zunehmenden Eigenständigkeit greifbar. (Gisela Steinlechner)

HERTHA KRÄFTNER, geboren 1928, gestorben 1951 in Wien, lebte von 1936 bis 1946 in Mattersburg, Studium der Germanistik und Anglistik, erste Gedichte 1946, 1948 erste Vröffentlichung in Hermann Hakels Zeitschrift „Lynkeus“. 1950 Kontakt zu Hans Weigel.

JUDITH NIKA PFEIFER, geboren 1975, lebt in Wien und Berlin. Kommunikations- und Sprachwissenschaftlerin, schreibt Lyrik, Prosa und szenische Texte. Übersetzungen ihrer Gedichte ins Englische, Spanische, Französische, Italienische, Bosnische, Chinesische, Hindi und Malayalam. (Transmediale) Kunstprojekte in aller Welt, Buchpublikationen u. a.: „Tucsonics“, 2019; „Violanto“, 2017; „manchmal passiert minutenlang auch gar nichts – Gedichte, 2015.

GISELA STEINLECHNER, geboren 1961, lebt als Literaturwissenschaftlerin, Kulturpublizistin und Ausstellungskuratorin in Wien. Von 1992 bis 2007 Lehrbeauftragte am Germanistischen Institut in Wien. Publikationen und Forschungsschwerpunkte u. a. zu Ästhetik der Avantgarde, Beziehungen zwischen Literatur, Psychoanalyse und Psychiatrie, österr. Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts, Art Brut.